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ARD-Tagesthemen:
Stellungnahmen zum Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes

 
Feuerzeugwurf kann teuer werden!
Anwalt Marius Breucker zu den Folgen eines Spielabbruchs nach der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB

 
Korsett oder Katalysator ?
Gedanken zur Rolle des Rechts im Sport

 
Debattenbeitrag in der Stuttgarter Zeitung:
Plädoyer für eine Neujustierung des Sportrechts

 
Nach dem Zwischenurteil des OLG München -
Interview zur causa Pechstein im Deutschlandfunk

 


ARD-Tagesthemen: Stellungnahmen zum Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes


In einem Bericht von Jochen Gräbert fassten die ARD-Tagesthemen am 11. November 2014 den Entwurf der Bundesregierung für ein Anti-Doping-Gesetz zusammen und holten Stellungnahmen aus Sport, Recht und Politik ein. Zuspruch erfuhr der Gesetzentwurf vom Thüringer Radprofi Marcel Kittel. Eine erste rechtliche Bewertung lieferte Sportrechtsanwalt Marius Breucker aus Stuttgart. Kritik kam von der Grünen-Politikerin Renate Künast.

Im organisierten Sport ist umstritten, ob sich der Staat mit dem Strafrecht als dem "schärfsten Schwert" in den Anti-Doping-Kampf einbringen soll. Kritiker befürchten eine "Kriminalisierung" von Sportlern und eine Gefährdung der grundgesetzlich garantierten Autonomie des Sports. Dagegen begrüßte der erfolgreiche Radrennfahrer Marcel Kittel den Ansatz, auch die dopenden Sportler selbst unter Strafe zu stellen:



Marcel Kittel
By DancingOnThePedals.net (Marcel Kittel) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons


Marcel Kittel: "Es geht darum, die sauberen Sportler zu schützen und diejenigen zu verfolgen, die den Sport am Ende in ein schlechtes Licht rücken. Ein wichtiger Punkt ist auch, klar zu machen, dass Doping Betrug ist und dementsprechend verfolgt werden kann."

Die Bundesregierung und allen voran Bundesjustizminister Heiko Maas hoffen, mit dem Anti-Doping-Gesetz ein klares Zeichen zu setzen. Der Staat dürfe beim Anti-Doping-Kampf nicht nur Zuschauer sein. Durch das geplante Gesetz werden nicht nur überführte Täter bestraft, sondern auch Ermittlungsmöglichkeiten geschaffen, die den Sportverbänden nicht zur Verfügung stehen. Rechtsanwalt Marius Breucker betont in seiner Stellungnahme den präventiven Effekt:

Marius Breucker: "Es [das Anti-Doping-Gesetz] hilft schon allein aufgrund der Abschreckung: Auch Sportler wollen nicht ins Gefängnis! - Und die Wahrscheinlichkeit entdeckt zu werden steigt, wenn der Staat ermittelt".

Ein anderer Kritikpunkt betrifft die Frage des Dopingnachweises: Während im Strafverfahren die Unschuldsvermutung gilt, die Staatsanwaltschaft also den vollen Nachweis der schuldhaften Tatbegehung führen muss, unterliegen die Sportgerichte dem Zivilrecht. Dort ist etwa nach dem Grundsatz der "strict liability" eine Beweislastumkehr möglich, wenn im Körper des Athleten eine verbotene Substanz gefunden wird. Der Sportler muss dann den Nachweis führen, wie die Substanz ohne sein Wissen oder Zutun in seinen Körper gelangen konnte. Gelingt ihm das nicht, kann er vom zuständigen Sportgericht - etwa dem Deutschen Sportschiedsgericht oder dem Court of Arbitration for Sport (CAS) - verurteilt werden. Dies wäre in einem Strafverfahren nicht möglich. Vielmehr müsste der Athlet dort freigesprochen werden, wenn nicht eindeutig geklärt werden kann, dass er für die Substanz in seinem Körper verantwortlich ist. Demzufolge können die Ergebnisse des Strafverfahrens einerseits und eines sportrechtlichen Disziplinarverfahrens andererseits unterschiedlich ausfallen.

Marius Breucker: "Im Strafrecht muss die Strafbarkeit mit einem strengen Beweismaßstab nachgewiesen werden. Es kann also weiterhin sein, dass jemand im staatlichen Strafverfahren frei gesprochen wird, während er im sportrechtlichen Verfahren verurteilt wird. Es gilt ein anderer Beweismaßstab."

Das geplante Anti-Doping-Gesetz erwähnt zwar die Möglichkeit von Schiedsverfahren im Sportrecht. Ob und unter welchen Voraussetzungen Schiedsvereinbarungen über Dopingsanktionen auch dann zulässig sind, wenn sie von den Verbänden zur Voraussetzung für die Teilnahme an den Wettbewerben gemacht werden, lässt der Gesetzentwurf offen. Diese Frage war angesichts der Monopolstellung der Sportverbände seit langem umstritten. Zugespitzt stellt sie sich seit den Urteilen des Landgerichts und des Oberlandesgerichtes München im Schadensersatzprozess der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein gegen den Internationalen Eisschnelllaufverband (International Skating Union, ISU). So war das Oberlandesgericht München im Urteil vom 15. Januar 2015 der Auffassung, dass die ISU mit der Forderung einer Schiedsvereinbarung zum CAS ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche. Die Schiedsvereinbarung sei daher wegen Verstoßes gegen zwingendes Kartellrecht unwirksam. Zu dieser Frage ließ das Oberlandesgericht München die Revision zum Bundesgerichtshof zu.



Marius Breucker © Wüterich • Breucker



An einem weiteren wesentlichen Punkt verzichtet der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf einen Gleichlauf mit den bestehenden sportrechtlichen Vorschriften: Anders als der Welt Anti-Doping Code stellt das Anti-Doping-Gesetz aussagenden Dopingsündern keinen Strafrabatt in Aussicht.

Marius Breucker: "Es wäre meines Erachtens konsequent, wenn man auch im staatlichen Anti-Doping-Gesetz eine solche Kronzeugenregelung aufnehmen würde. Denn nur über die Aussagen von Kronzeugen kommt man letztlich in das abgeschottete System des Dopings - das haben die Aussagen von Kronzeugen in der Vergangenheit schon gezeigt."

Ablehnend reagierte die Grünen-Politikerin Renate Künast, die das geplante Anti-Doping-Gesetz in den Kontext der Drogenpolitik der Bundesregierung stellte:

Renate Künast: "Die ganze nationale Drogenpolitik ist gescheitert damit, dass sie einfach den Besitz von jedem einzelnen Gramm und jeder einzelner Pille strafbar macht. Hier wird das aber wiederholt. Also, es macht keinen Sinn, einfach für alle Staatsanwälte die Türen zu öffnen und jedes Gramm schon im Besitz strafbar zu machen. Wo ist denn da der Unrechtsgehalt?"

Trotz anhaltender Kritik des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) soll das Anti-Doping-Gesetz im Laufe des Jahres 2015 nach abschließender Beratung im Sportausschuss verabschiedet werden und - nach Zustimmung durch den Bundesrat - zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Gesetz nach einigen Jahren auf seine Wirksamkeit zu überprüfen.

Auszüge aus den ARD-Tagesthemen vom 11. November 2014 zum geplanten Anti-Doping-Gesetz mit rechtlichen Einschätzungen von Rechtsanwalt Marius Breucker (Stuttgart) können Sie hier ansehen:



Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker (Stuttgart) in den ARD-Tagesthemen vom 11. November 2014


Weitergehende Informationen zum Entwurf des Anti-Doping-Gesetzes und den ersten Reaktionen hierauf unter:
https://mariusbreucker.wordpress.com/2015/03/16/auch-sportler-wollen-nicht-ins-gefangnis-reaktionen-auf-das-geplante-anti-doping-gesetz/

(Zitat-Quelle: ARD Tagesthemen vom 11. November 2014, Link: www.tagesthemen.de).